17. Juli 2017

Huangshan & Skywalk

DO | Es ist 20:16 Uhr und der Nachtzug fährt ab. Zum ersten Mal in meinem Leben schlafe ich in einem Bett auf Rädern und dann ist es auch noch in China. Wir hockten in einer Kabine mit 4 Betten, jeweils 2 übereinander. Es war sehr beengt, aber irgendwie gemütlich. Zumindest hatten wir einen Soft Sleeper, also sogar eine richtige Matratze. Mit ein bisschen Musik und unserem UNG-Spiel (ja, das ist die chinesische Fake-Version von UNO) schafften wir uns Wohnzimmer-Atmosphäre. Später fiel ich dann in einen ruckeligen und (zugegeben) leicht unruhigen Schlaf. Der Zug ratterte und klapperte. Ganze 12h fuhren wir nach Huangshan. Aber es war komfortabler als in manch einem Hostel-Bett.

FR | Nach wenigen Stunden Schlaf kletterten wir um 7 Uhr morgens aus dem Zug. Wir sind angekommen. Inmitten einer Berglandschaft von China, dem Mount Huangshan. Vorbild für die Halleluja-Berge aus Avatar. Heute wird gewandert. Aber davor mussten wir erst mal ins Hotel. Nicht nur um unsere Sachen abzustellen, sondern auch um uns die Wanderrouten erklären zu lassen. Gesagt, getan. Wanderschuhe zugeschnürt und ab in den nächsten Bus zum Berg. Schon auf der Fahrt konnte man steile Abhänge und riesige Berggipfel sehen. Wir beschlossen, den ersten Tag hochzulaufen. Diese Entscheidung sollten wir später noch bereuen. Denn es ging für uns ca. 2,5h steile Treppen hinauf (eine ist auf dem rechten Bild zu sehen). Bei 30 Grad. War die eine Treppenpartie geschafft, sah man schon die nächste, die einfach nicht aufzuhören schien. Aber Leute, die Aussicht belohnte einen. Auf dem Weg nach oben hatte man eine tolle Sicht. Wir hatten perfektes Wetter. Gar kein Nebel. Nix. Nada. Klare Sicht auf die Berglandschaft. Oben angekommen zitterten uns zwar die Knie, aber wir jammern ja nicht. Trotzdem liefen wir zu ein paar Aussichtspunkten weiter z.B. dem Monkey gazing over the Sea (siehe linkes Bild), ein Stein, der aussah wie ein Affe, der auf dem Berg hockt und, so wie wir, die Aussicht genießt. Nachmittags gönnten wir uns dann eine Fahrt in der Seilbahn nach unten. Im Hotel dann ein laaanges Fußbad und ein kaiserliches Abendbrot.

SA | Wandertag Nr. 2 - zum Glück (noch) kein Muskelkater. Trotzdem entschieden wir uns diesmal für die Seilbahn nach oben und planten eine ca. 4-5h Tour durch die Berge des Mount Huangshan. Die Route, die wir uns ausgesucht hatten, führte an großen Pinien, steilen Treppen und wahnsinnig tollen Ausblicken vorbei. Auf manchen Gipfeln hatte man einen Rundumblick auf das Gebirge und mir stockte teilweise der Atem. Noch nie habe ich so eine großartige Landschaft gesehen. Steile Berge, mit Bäumen bewachsen. Wirklich wie aus einem fiktiven Film. Zum ersten Mal machte mir wandern wirklich unglaublichen Spaß. Wir haben zwischendurch sogar einen Bergaffen beobachten können, der in der Ferne auf dem Berg rumkletterte! Am Ende der Wanderroute führte ein Weg wieder hinunter zur Busstation. Ich glaube, das gab meinen Beinen den Rest. Leider unterschätze ich auch total die Kraft der Sonne. Schon beim Abstieg zeichneten sich rote Stellen an meinem Hals ab. Als wir unten angekommen waren, hingen alle nur noch da wie ein Schluck Wasser. 2 Tage Hardcore-Wandern - das war keiner von uns gewohnt. So richtig spaßig wurde es aber erst am nächsten Tag ...

SO | Der Wecker klingelte und ich stieg aus meinem Bett. Sofort fingen meine Oberschenkel und vor allem meine Waden an es mir heimzuzahlen. Hallo, Muskelkater! Dann schaute ich in den Spiegel. Super. Hallo, Sonnenbrand! Nach einem stärkenden Frühstück verschwanden wir alle wieder im Hotelzimmer und schliefen noch eine Runde. Unser Zug fuhr erst um 14 Uhr und wir waren alle zu nix mehr zu gebrauchen. 2h Mittagsschlaf später schlurften wir verschlafen und völlig fertig zum Bahnhof. Keiner konnte mehr richtig laufen. Alle freuten sich über einen verbrannten Nacken oder eine gerötete Stirn. Yippie. Der Schnellzug brachte uns in 4h zurück nach Shanghai. Dann fielen wir einfach nur noch ins Bett. Auch wenn mir der Muskelkater noch etwas nachhängt, der Trip war echt toll. Es hat sich so gelohnt. Es war bis jetzt einer der besten Ausflüge, die wir je gemacht hatten!
EXTRA | Bevor wir am langen Wochenende nach Huangshan gefahren sind, gab es noch ein anderes Highlight, dass ich mit euch teilen möchte. Ich kleiner Adrenalin-Junkie habe mich doch tatsächlich getraut auf dem Jin Mao Tower in 340m Höhe einen Skywalk rundum das Gebäude zu machen. Es war der absolute Wahnsinn! Man konnte über ganz Shanghai gucken, ohne das eine Scheibe oder ein Geländer einem die Sicht versperrte. Die Sicherheitsgurte erlaubten es sogar sich etwas vorzubeugen und nach unten zu gucken. Auch wenn der ganze Spaß ein bisschen was gekostet hat, sowas macht man nur ein Mal im Leben und das wird mir lange Zeit im Gedächtnis bleiben.

9. Juli 2017

Nanjing & Zhujiajiao

Nachdem die letzten Uniwochen sehr stressig waren, wird es jetzt langsam ruhiger. Alle Klausuren sind geschrieben, die meisten Projekte abgegeben und nur noch wenige Vorlesungsstunden übrig. Der komplette Juli ist voller Reisepläne, da wir insgesamt 4 lange Wochenenden haben (Donnerstag und Freitag sind von nun an vorlesungsfrei, yeah). Und an diesem ersten langen Wochenende stand für uns die Hauptstadt des Südens auf dem Plan: Nanjing (Nanking).

DO | Da wir Freitag einen Businesstermin in der Stadt hatten, setzten wir uns bereits Donnerstagnachmittag nach der letzten Vorlesung in den Schnellzug. Nanjing war einst die Hauptstadt Chinas (heute: Hauptstadt des Südens, da Nan = Süden) und ist sehr geschichtsträchtig. Eines der wahrscheinlich mit schlimmsten Ereignisse in der Geschichte Chinas fand hier statt: das Massaker von Nanjing bzw. einer der Angriffe auf China im zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg (zweiter Weltkrieg). In der Stadt gibt es eine Memorial Hall, die der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich ist und diese war auch gleich unser erstes Ziel. Denn wie soll man China richtig kennenlernen, wenn man sich nicht mit der Vergangenheit des Landes auseinandersetzt? Und die Ausstellung war, puh, sehr heftig. Es hat mich echt mitgenommen. Wer mehr Infos darüber haben will, der schmeißt am besten mal Google an. Da Deutschland hier auch eine große Rolle gespielt hat und das die meisten gar nicht wissen, ist es wirklich gut sich mal näher damit zu beschäftigen. Danach pilgerten wir durch die kleine historische Altstadt bis zur Stadtmauer. Kaum zu glauben, aber um 18 Uhr abends waren wir dort allein. Ohne Chinesen. Sehr unrealistisch, ich weiß. Dazu der Sonnenuntergang. Die Skyline. Die hunderttausend Zikaden, die seit ca. 2 Wochen überall ihren wunderschönen Krach verbreiten. Fantastisch. Fotogener hätte sich Nanjing für uns nicht geben können.

FR | Am Freitag hatten wir dann einen Company Visit, der von unserer Uni organisiert wurde. Als wir danach dann an den Xuanwu Lake gehen wollten, fing es auf einmal urplötzlich an zu regnen. Stimmung war im Keller. Regen in China ist echt nicht lustig. Ein Eis bei Mc's später sah die Welt aber wieder ganz anders aus und die Sonne lachte uns ins Gesicht. So saßen wir gemütlich am See, sahen auf die Skyline der Stadt, schlenderten durch den nahegelegenen Park und wurden durch den Wetterwechsel sogar mit einem Regenbogen belohnt. Freitagabend traten wir dann den Heimweg an.

SA | Den ganzen Samstag verbrachten wir in Shanghai. Es kam neuer Besuch (von einem Kommilitonen) und ich wollte die Gelegenheit zum Fotografieren nutzen. Die Hitze drückt seit ca. 2 Wochen (seitdem die Zikaden da sind - hat bestimmt was damit zu tun?) so extrem, dass man nach 5 min hektisch nach der nächsten Klimaanlage sucht oder sich ein neues T-Shirt herbeiwünscht. Metrofahrten werden damit zum Highlight, denn hier klebt Chinese an Europäer an Chinese, yippie. Naja, auf jeden Fall konnte ich ein paar gute Fotos zustande bringen. Mit viel Geduld. Vielen Versuchen. Viel Blut, Schweiß und Tränen (fast wortwörtlich). Hier das Ergebnis!

SO | Sonntags fuhren wir dann noch in eine andere Wasserstadt nicht weit von Shanghai. Zhujiajiao ist ungefähr 50 km und 1,5 h Busfahrt entfernt. Auch wenn es sehr heiß war, hat es sich wirklich gelohnt. Die kleine Kanalstadt hat mir um einiges besser gefallen als Tongli vor ein paar Wochen. Die Stadt lässt ein Stück altes Shanghai durchblitzen, dass ja erst in den letzten paar Jahrzehnten so rasant gewachsen ist. Es gab süße kleine Cafés, Restaurants und Geschäfte. Und es war nicht hoffnungslos überlaufen. Mit einem kleinen chinesischen Fächer und einer eisgekühlten Cola ließ es sich aushalten. Abends waren wir trotzdem ziemlich knülle, einfach weil die Hitze einem permanent zu schaffen macht. Auch ein bisschen weil die Fahrt in dem stickigen Bus nicht ganz so angenehm war.

Die nächsten Wochen werden so extrem aufregend. Das kommende Wochenende verbringen wir nämlich erst einmal am Mount Huangshan. Also es wird quasi erstmal nur gewandert. Dann geht es die Tage darauf weiter in die südlichste Provinz Chinas, Yunnan. Dass diese "Provinz" so groß ist wie Deutschland und Niederlande zusammen, lässt darauf schließen, dass wir seeehr viel sehen werden. Und die absolute Krönung ist die Reise nach Seoul am Ende des Monats. Südkorea, Leute. Ich werde so viel zu berichten haben - freut euch drauf! :)